SUPERVISION
Beiträge von Charlotte Schlotheuber und Margot Saak-Bitterling
Was ist eigentlich Supervision
Supervision in der Praxis [Charlotte Schlotheuber]
Gedanken zur Supervision [M. Saak-Bitterling]
Was ist eigentlich Supervision
Charlotte Schlotheuber
Stellen wir uns einen Leuchtturm vor. Stellen wir uns nun weiterhin vor, dieser Leuchtturm steht auf einer Insel. Es gibt vier Anlegestellen und an jeder liegen Boote. Manche Boote haben Ruder, andere Segel, die dritten einen Motor. Vielleicht ist sogar ein Floß oder ein Kanu dabei. Die starken Strömungen rund um die Insel bewirken, dass jedes uns an einen anderen Ort bringen kann; haben wir ein Boot bestiegen, ist es zwar möglich, aber doch mehr oder weniger mühsam, den Kurs zu ändern. Es ist gut zu wissen, da gibt es einen Leuchtturm, an dem man sich orientieren kann und der einem auch im Dunkeln hilft, wieder heimzufinden. Man kann auch auf den Leuchtturm hinaufsteigen und sich die Welt von oben anschauen. Es gibt viele Möglichkeiten.
Angenommen, der Leuchtturm steht für die Möglichkeiten, Abstand zu nehmen und Orientierungshilfe und Unterstützung zu bekommen – und so verstehe ich u.a. den Sinn von Supervision – dann wäre die Insel unsere Insel der Seligen, nämlich das Malatelier. Hier, weit weg vom üblichen Alltag wird gemalt und freies intuitives Malen begleitet. Entweder entscheidet der / die Maler/in selber, wohin die Reise gehen soll oder aber Malende und Begleitung kommen irgendwann ins Gespräch und wählen ein Boot aus, mit dem sie einen Ausflug machen möchten und damit einen Ort, an den es sie zieht. Das kann eine gemütliche Reise in einem Ruderboot sein oder aber sehr flott gehen, wählt man ein Motorboot. Es kann sein, dass es eher eine Spazierfahrt im Sonnenschein wird, genauso aber kann es sein, dass ein Unwetter aufzieht oder sie in schwere See geraten. Da ist es gut, wenn die Begleitung weiß, was in so einer Situation zu tun ist. Es kann auch sein, dass der / die Malende alleine losrudern möchte und es reicht zu wissen, da steht jemand an Land, dem ich ein Hilfesignal geben kann, wenn ich nicht mehr weiterweiß, alle Variationen sind möglich.
Die vier Orte, an denen wir landen können, sind sehr unterschiedlicher Natur: Zwei Orte sind eher freudig und inspirierend, die anderen beiden können ganz schön herausfordern. Um in der Welt der Bilder zu bleiben: Da gibt es den Ort unserer Ressourcen, jenen Ort, wo wir mit unserer Kompetenz, mit unserem Können in Berührung kommen – das ist sozusagen der Ort, wo unser Werkzeugkasten steht. Dem gegenüber steht der Ort des Mangels, des Defizites, also jener Ort, wo wir glauben hilflos und ausgeliefert zu sein – da fühlt es sich oft so an, als seien uns die Hände gebunden, aus welchem Grund auch immer.
Ähnliche Gefühle, zumeist aber noch tiefer gehend, erleben wir dort, wo wir alten biografischen Verstrickungen aus unserer Kindheit begegnen. Erinnerungen tauchen auf, alte Verzweiflung, Ausweglosigkeit – es ist vielleicht ein bisschen so, als seien wir in ein klebriges Spinnennetz geraten und da hockt sie auch schon, die dicke Spinne, hungrig uns ein weiteres Mal zu verspeisen. Diesem Pol gegenüber liegt die verheißungsvolle Zukunft, der Ort unserer Träume und Lösungen von Verstrickungen, da, wo wir Neues entdecken und ausprobieren können. Es ist der Ort, wo wir ein Ei finden oder legen und ausbrüten können.
Einmal an dem jeweiligen Ort gelandet, heißt es, damit umzugehen, bevor wir, um eine Erfahrung reicher, entweder den Ort wechseln oder wieder den Heimweg antreten.
Der Leuchtturm zeigt uns, in welche Richtung wir fahren müssen, um wieder heim zu kommen. Dort angelangt, gibt er uns die Gelegenheit, hinaufzusteigen und einen Überblick zu gewinnen über das, was da geschehen ist. Für die Menschen in der Ateliersituation kann ein Schlussgespräch, ein ‚Elfchen‘, eine kurze Inszenierung o.ä. diese Funktion übernehmen. Für die Begleitung kann und sollte das darüber hinaus in der Supervision stattfinden. Dort kann überprüft werden, was geschehen ist, wer mit wem und warum in welches Boot gestiegen oder auch genau nicht eingestiegen und an welchen Ort gefahren bzw. nicht in See gestochen ist. Genauso können wir wieder heruntersteigen und als dritte Person(en) die Reise der beiden Beteiligten nochmal nachvollziehen und schauen, wie das passiert ist, was passiert ist und wie sich das angefühlt haben muss, so hautnah in der Situation gewesen zu sein. Wir können mit dem Abstand spielen: Ganz nah ran, ein bisschen höher hinauf oder ganz von oben schauen1 . Versteht man die vier Orte als vier Möglichkeiten, die jedem Thema und damit jedem Bild innewohnen – wobei sich ein Aspekt in den Vordergrund schiebt, aber nie die alleinige Wahrheit darstellt – dann werfen wir einen systemischen Blick auf das Geschehen. Dieser Blick ermöglicht uns, den Standort immer neu zu wechseln und damit eine Fixierung, ein Festnageln auf einen Blickwinkel, zu vermeiden. Die große Chance dieses Vorgehens ist, dass die Menschen, die zu uns zum Malen kommen, nicht in einer Schublade (z.B. diagnostischer Art) verschwinden, sondern dass ihr mitgebrachtes und im Bild ausgedrücktes Thema in seiner Vielschichtigkeit wahrgenommen werden kann.
Persönlich arbeite ich in der Supervision gerne mit den systemischen Perspektiven, u.a. kombiniert mit der Methodik des Balint – Ansatzes. Letzteren möchte ich an dieser Stelle nicht weiter ausleuchten, nur so viel sei dazu gesagt: Nach Balint (Michael Balint, ungarischer Psychoanalytiker, gest.1970 in London) dient die ganze Gruppe als kompetenter Resonanzkörper, jede/r Einzelne ist eingeladen seine eigenen Assoziationen und Projektionen bewusst als solche in den Raum zu bringen und damit sowohl etwas über sich selber zu erfahren, als auch den jeweiligen Supervisanden aus dem eigenen Unbewussten heraus den Blickwinkel erweitern zu helfen.
Es empfiehlt sich m.E. dringend, die eigene Rolle als Begleitung im Ausdrucksmalen im Rahmen einer Supervision regelmäßig zu hinterfragen, sich darüber auch zu entlasten und neue Impulse für die Arbeit zu gewinnen. Das dient der eigenen Psychohygiene wie der persönlichen Weiterentwicklung und damit auch der Qualität des eigenen Tuns.
[HINWEIS: Die Position „ganz nah ran“ nennt man im Fachjargon auch Assoziation (von lat. associare= vereinigen, verbinden, verknüpfen, vernetzen), die entgegengesetzte Position „ganz von oben schauen“ dagegen Dissoziation (von lat. dissociare= trennen). Zwischen den Polen besteht ein fließender Übergang. Dieser Hinweis soll dem Verständnis der beigefügten Grafik dienen, wo die beiden Begriffe auftauchen.]
Supervision in der Praxis
Charlotte Schlotheuber
Freitag, 15.00. Acht Frauen treffen sich im Malatelier einer Gruppenteilnehmerin um sich auszutauschen, den eigenen Fragen nachzuspüren und nach Antworten rund ums Ausdrucksmalen zu suchen. Wir haben 3 Stunden Zeit, die Gruppe ist vertraut, trifft sie sich doch seit vier Jahren regelmäßig zweimal pro Jahr, die Fluktuation ist gering. Wir freuen uns aufeinander.
Am Anfang steht eine Übung zur Körperwahrnehmung, Achtsamkeitsschulung. Präsent zu sein im eigenen Leib, in der aktuellen Situation, in Kontakt zu sein mit der eigenen Bedürfnislage, erscheint mir eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür zu sein, um sich aufeinander einlassen und öffnen zu können.
Es folgt ein sog. sharing mit Blitzlichtcharakter: „Wie geht es mir jetzt im Moment? Was habe ich mitgebracht an persönlichen / fachlichen Fragen und welches Thema schiebt sich jetzt, hier, heute in den Vordergrund?“ Alles darf so sein, wie es ist, ist voll gültig: Unklar und verwirrt da zu sitzen, innerlich mit persönlichen Themen beschäftigt zu sein, dringend fachliche Fragen stellen und mitgebrachte Bilder gemeinsam anschauen zu wollen etc. Im Zentrum unserer Supervision steht die Fallsupervision; klammern wir aber alles andere aus, so bekommt das ein Eigenleben im Untergrund und färbt von hier aus, also unbewusst, den Blick auf die Bilder. Besser ist es, dem, was sonst noch da ist, kurz Raum zu geben, um es dann bewusst beiseitezustellen oder aber es als Thema anzumelden. Ich vertraue darauf, dass wir einen guten Weg miteinander nehmen, wenn jede ihren eigenen inneren Standort kennt und die Verantwortung dafür übernimmt. Oftmals schält sich schon in der Anfangsrunde ein gemeinsamer Fokus heraus.
Wir wählen nun aus, womit wir beginnen, möglichst mit einer konkreten Fallsupervision anhand mitgebrachter Bilder aus der Praxis. Dieses Mal sind es zwei Bilder einer ca. 40-jährigen Frau, geübte Ausdrucksmalerin. Die Frage der Begleiterin an die Runde ist, wo die Malende mit sich wohl war und ist und ob sie ihr wirklich hilfreiche Unterstützung gegeben hat, da ist sie sich unsicher. Die Malerin selber war hochzufrieden nach Hause gegangen. Die Bilder sind sehr unterschiedlich: Das erste zeigt eine Art Naturszene, gemalt mit kräftigen Pinselstrichen, die aber nicht näher ausgearbeitet wurde. Das zweite Bild erscheint als rote Kleisterfarborgie, überall angereichert durch geknautschtes Haushaltspapier.
Im „klassischen“ Ausdrucksmalen nach L. Fotheringham arbeiten wir mit der Klärung der möglichst irgendwann auftauchenden Metapher – hier ist nun aber weit und breit keine zu sehen. Dennoch war die Malende am Ende zufrieden; was also ist da geschehen, fragen wir uns.
Wir lassen uns auf ihre Bewegungs- und Berührungsqualitäten ein, denn die springen uns regelrecht entgegen. Jede bekommt einen dicken Pinsel in die Hand und ahmt die Striche der Frau nach: Das tut gut! Entschiedenheit und Kraft werden spürbar, so etwas wie eine Selbstspiegelung von „Da bin ich, schaut her, ich packe die Dinge an und verschaffe mir Platz!“. Die Malbegleiterin bestätigt, dass sie die Malerin oft so erlebt, so tritt sie z.B. meistens auf, wenn sie kommt. Das zweite Bild. Jede von uns nimmt ein Stück Haushaltskrepp in die Hand und wir ahmen die Berührungen nach, die die Malende in ihrem Kleisterfarbbad damit erlebt haben könnte: Die Atmosphäre im Raum wandelt sich deutlich. Da ist sehnsuchtsvolles Streicheln, Knautschen, Sich-spüren-wollen über den Kontakt von Haut und Materialien, ein Gar-nicht-genug-bekommen-können von Berührung, Eintauchen, Teil eines Ganzen sein, spielen und experimentieren dürfen. Es gibt darin kein Ziel, es ist ein zeitloses, fragloses, beglückendes Tun mit unendlichen Variationsmöglichkeiten. Es scheint, wir sind nun mit dem hinter der Tüchtigkeit und Kraft liegenden Bedürfnis in Kontakt: Nicht mehr funktionieren müssen, nicht nach außen gerichtet sein, ganz mit sich selber in Beziehung treten dürfen. Es geht uns allen so, dass wir nun verstehen und nachfühlen können, was diese Frau sich in den Malstunden geholt hat, weshalb sie so zufrieden heimging, auch ohne dass sie ihre Bilder in eine Form hinein konkretisiert hat. Sie hat sich ihrer Kraft vergewissert, sich selber quasi da abgeholt, womit sie kam und sich dann ihren tiefer liegenden Wünschen zugewendet. Und sich über das konkrete Tun selber genährt. Vornehmliche Aufgabe der Begleitung war es, ihr den entsprechenden Raum dafür zur Verfügung zu stellen und sie darin zu ermutigen, sich zu gönnen, was sie braucht. Dass sie nicht verstehen muss, was sie da tut, sondern sich ganz einfach mit der eigenen Lust und Freude am Tun verbinden darf. Das genügt. Hier darf ich so sein, wie und wo ich bin.
Wir reflektieren: Bei diesen Bildern ging es vorwiegend um die Ebene der Haptik, unserem frühsten Sinn, dem Berührungs-und Bewegungssinn. Es wäre sinnlos gewesen, hier die Bildebene der Formulation, der Metapher, der Biografie, des Symbolgehaltes o.ä. anzusprechen. Das zu verstehen, ist entlastend. Wir müssen niemanden wohin bringen, wo er / sie im Moment gar nicht ist. Wir holen jemanden dort ab, wo er/sie ist und begleiten von dort aus den Weg, den der Prozess nehmen will, gesteuert von innen. Wir vertrauen dem Prozess. In diesem Fall hat die Malende das Boot zum Ort ihrer Ressourcen gewählt. Es kann sein, dass sie damit einen vielleicht alten, biografischen Mangel ausgleicht, doch das braucht uns im Ausdrucksmalen in diesem Fall nicht zu interessieren. Wir vertrauen auf ihr eigenes Gespür dafür, wo es für sie selber weiter geht. Und freuen uns mit, dass sie sich holen konnte, was sie brauchte.
Pause. Schwatzen. Austausch. Eine Stunde Zeit bleibt uns noch. Wir sprechen über offene Fragen, über den theoretischen Hintergrund, vergleichen mit selbst gemachten Mal-oder Begleiterfahrungen, teilen, was bei uns berührt und an Themen aufgerufen wurde durch die Fallbesprechung. Abschlussrunde. Nachspüren: „Welcher Aspekt war für mich und meine eigene Rolle als Begleiterin heute wichtig? Welchen Impuls nehme ich mit in meinen Alltag?“. Abschied. Schön war’s!
©Charlotte Schlotheuber 2013
Charlotte Schlotheuber, freie Künstlerin und Dipl.-Päd., Leiterin für Ausdrucksmalen und Begleiterin in der Arbeit am Tonfeld®. Eigenes Atelier in Tübingen seit 1992. Arbeit mit Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen in Einzel-und Gruppenarbeit. Weiterbildungsangebote und Supervisionsgruppen in Tübingen, Darmstadt und am Odenwald – Institut.
Gedanken zu Supervision
Margot Saak-Bitterling
„Sobald man überlegt, wo man ist, ist man schon an einem bestimmten Punkt.“ (Martin Walser)
Erfahrungen, die ich in meiner Arbeit mache, sind leichter zu integrieren, wenn ich sie ausspreche und gemeinsam mit einem Gegenüber vertiefe. So ist Supervision die Chance, Gedanken und Gefühle, die mich beschäftigen, zu klären und aus ihnen zu lernen.
Ich gönne mir diese Zeit in regelmäßigen Abständen, ist sie doch auch ein Zeichen dafür, dass mir die, die ich begleite, wichtig sind und dass ich mir selbst wichtig bin.
Ein kleines Beispiel:
„Ein neuer Kurs beginnt und die Malenden sitzen erwartungsvoll auf den runden Hockern, nachdem ich eine kleine Eingangsrunde gemacht habe. Nun zeige ich die Malutensilien und erzähle ihnen etwas über das Ausdrucksmalen. Einige kenne ich schon, drei sind ganz neu. Während ich erzähle, geht mein Blick immer wieder zu einer neuen Teilnehmerin, die mit steiler Stirnfalte und vollkommen ernstem Gesicht hochkonzentriert meinen Worten folgt. Sie verzieht keine Miene und langsam werde ich unsicher. Anspannung zieht mir den Nacken hoch und meine Sätze bleiben mir im Halse stecken.
Der Abend geht irgendwie vorüber, meine Begleitung der Teilnehmerin ist sehr zurückhaltend – ich bin vorsichtig und habe ständig das Gefühl, dass ich nichts falsch machen darf. Ein Teil in mir vertritt missbilligend die Position: „Diese Situation solltest du nun wirklich bewältigen, du hast doch genug Erfahrung!“ Das gefällt mir überhaupt nicht und ich nehme mir vor, dies in der nächsten Supervision anzusprechen. Jetzt geht es mir schon besser!
Als ich in der Supervision die Begebenheit schildere, merke ich, wie angespannt ich währenddessen bin. Durch meinen Bericht verändert sich schon meine Perspektive. Ich betrachte die Situation nun mit Abstand.
Nun bittet mich die Supervisorin, genau zu beschreiben, was ich gesehen habe und was mich so verunsichert hat.
„Es war diese steile Stirnfalte, dies ernste Gesicht. Dieser direkte Blick aus kleinen braunen Augen, während ich das Atelier zeigte und die Dinge erzählte, die mir wichtig sind.“
Dann fragt sie mich: „Erinnern Sie sich, was Sie damals gedacht haben?“
„Ich habe gedacht, dass sie wohl sehr streng ist und ihr das, was ich erzähle, nicht gefällt und ich es nicht richtig mache.“
Als sie mich bittet, meine Gefühle zu schildern, werde ich aufgeregt, bekomme Herzklopfen und beschreibe, wie unsicher mich die Situation gemacht hat:
„Ich fühlte mich nicht kompetent genug, angespannt und blockiert.“
Als sie mich fragt, woran mich das erinnert, kommen mir sofort Erinnerungen an meine Schulzeit, an eine besonders strenge Lehrerin. Die beiden ähneln sich auch äußerlich, merke ich jetzt. Meine Ängste von damals, nicht genug gelernt zu haben, zu versagen, wurden wieder lebendig.
Im nächsten Schritt bietet sie mir an, mich einmal in die Teilnehmerin hineinzuversetzen. Ging es ihr an diesem Abend vielleicht ähnlich, wollte sie vielleicht nichts falsch machen, hatte sie vielleicht Angst, etwas zu überhören und sich dann zu blamieren?
Ich bekomme Mitgefühl mit ihr – und mit mir. Oh, ich weiß ja, wie sich das anfühlt. In mir lösen sich langsam die Verspannungen und meine Unsicherheit wandelt sich in Verständnis. Nun kann ich mich der Teilnehmerin freundlicher zuwenden. Und was meine Lehrerin betrifft, so steigt in mir das Gefühl auf, eigentlich war diese Lehrerin von damals sehr wertschätzend und fair, sie hatte nur einen sehr hohen Anspruch.
Heute fühle ich mich der Teilnehmerin gegenüber freier, erlebe oft eine tiefe Berührung in der Begleitung mit ihr, bin für diese Erfahrung sehr dankbar und vor allem nehme ich sie in ähnliche Situationen unterstützend mit. Und gleichzeitig freue ich mich darüber, dass ich mich mit einem Teil meiner eigenen Geschichte versöhnen konnte.“
„Nicht die Supervisorin hat die Lösung,
aber ihre Fragen und ihre Begleitung bringen mich zu meiner eigenen Lösung.“
Inzwischen ist mir Supervision eine wohltuende Begleitung. Eine Begleitung, die wir alle aus dem Atelier beim Ausdrucksmalen kennen:
Sie ist die Sicherheit im Hintergrund, denn wenn ich stocke, mich blockiert fühle, unzufrieden oder betroffen bin, hilft sie mir, mein inneres Durcheinander zu klären und zu lösen. Und wenn ich verzweifelt bin, weil mich eine Situation überfordert hat, dann nimmt sie mich an die Hand und unterstützt mich, die Situation anzuschauen, meinen Teil anzunehmen und daraus zu lernen.
Für mich ist das Ziel einer jeden Supervision:
Mich zu entlasten und meine Arbeitskraft wiederherzustellen.
Mir über meine Kompetenzen und Grenzen klar zu werden.
Durch Abstand die Situation zu verstehen.
Zwischen dem Du und dem Ich zu trennen und
mir meiner Übertragungen bewusst zu werden.
Abschied von Abwertung und Destruktivität zu nehmen.
Abschied von Schuld zu nehmen.
In einen tieferen Kontakt mit mir zu kommen und dadurch
wieder in die Liebe zu gehen.
„Wir müssen auf unsere Seele hören,
wenn wir gesund werden wollen.
Letztlich sind wir hier,
weil es kein Entrinnen vor uns selbst gibt.
Solange der Mensch sich nicht selbst
in den Augen und im Herzen seiner Mitmenschen begegnet,
ist er auf der Flucht.
Solange er nicht zulässt, dass seine Mitmenschen
an seinem Innersten teilhaben,
gibt es keine Geborgenheit.
Solange er fürchtet, durchschaut zu werden,
kann er weder sich selbst noch andere erkennen.
Er wird alleine sein.“
(Hildegard von Bingen)
Margot Saak-Bitterling, November 2013
Auszug aus „AUSDRUCK 2/13“ – Newsletter des
Netzwerks Ausdrucksmalen nach Laurence Fotheringham e.V.
erschienen Dezember 2013
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